Fiedlerin auf dem Dach
Das Buch ist:
- Krimi
- Tragödie
- Berlinroman
- Liebesroman
- Aussiedlerroman
- Adoleszenzroman
- Integrationsroman ...
und lachen darf man auch immer wieder.
Pressestimmen
„Günter Saalmann erzählt mit feinem Verständnis und behutsamer Sprache vom verwirrenden, mühsamen Ankommen in einem neuen Land.“ Sylvia Staude (Frankfurter Rundschau)
„‚Fiedlerin auf dem Dach‘ gehört zu Recht zu einem der besten Bücher des Jahres.“ Sarah Hofmann (Freie Presse)
„ein berührender Roman“ (Das Magazin)
„Ich habe noch nie ein so genau recherchiertes, spannendes Buch aus diesem Milieu gelesen.“ Matthias Biskupek (Eulenspiegel)
„Eben deshalb, weil das ungewöhnliche Buch das Gewöhnliche in unserem Land beschreibt, ungnädig, gnadenlos, passt es in diese Zeit.“ Kurt Starke (Leipziger Volkszeitung)
„Geschickt nutzt Saalmann für den unpopulären Stoff Klischees als Fußangeln und entwickelt aus der herzergreifenden Familientragödie einen Sozialthriller.“ Rainer Klis (Neues Deutschland)
„Den Mainstream steuert dieser Autor mit seiner selbstbewussten Themenwahl nicht an.“ Miguel Peromingo (Am Erker)
„Ein schönes Buch. Geschenktipp!“ (Stadtstreicher)
„eine bemerkenswerte Geschichte“ / „wundervolles Buch“ / „Oder, um noch einmal so hoch zu greifen, wie es überhaupt möglich ist: In Kafkas ‚Schloß‘, das auch eine Einwanderung behandelt, streiten die Figuren um die richtige Auslegung der Ereignisse, sie wollen die Macht erstreiten, indem sie die richtige Geschichte erzählen. In der 'Fiedlerin' erliegt Klawdia der Geschichte, die von ihr erzählt wird.“ Christian Wiebe (bausparbuddhajaegerzaun)
„Saalmanns Roman macht nachdenklich, hinterläßt Fragen, bringt zum Grübeln. Er ist – kurz gesagt – lesens- und empfehlenswert und nicht nur für Erwachsene!“ Flattersatz (We read Indie)
„Wer wissen will, was Russlanddeutsche aus Kasachstan in die Bundesrepublik zieht, erfährt’s in diesem Roman. Das erste Kapitel, es spielt im Flugzeug, ist schön skurril.“ Tomas Gärtner (Dresdner Neueste Nachrichten)
„Der kleine, thematisch vielschichtige Roman erzählt spannend von Sehnsucht, dem schwierigen Ankommen und kriminellen Machenschaften.“ Eleonore Gottelt (Besprechungsdienst für öffentliche Bibliotheken)
Klappentext
Wenige Monate vor der Sonnenfinsternis des Jahres 1999 beginnt eine junge kasachische Geigen-Schülerin mit ihrer Familie ein neues Leben in Berlin. Ihr Wunsch, ein Musikstudium in Deutschland zu beginnen, überstrahlt zunächst die Tristesse von Aussiedlerwohnheim, Kleinkriminalität und Anfeindung, doch am Ende steht Klawdia Wessely auf einer unerwartet hohen Bühne ... Nach preisgekrönten Jahrzehnten als Kinderbuchautor legt Günter Saalmann nun einen Roman für Erwachsene vor. Aus der Perspektive der Tochter Klawdia Wessely schildert er den schwierigen Weg einer kasachstan-deutschen Familie, die in einem Land heimisch zu werden versucht, das ihr doch fremder begegnet, als sie voller Vorfreude ahnen konnte.
Leseprobe
(Auszug aus dem Prolog)
[...] Mir ist gerade zwanzig Jahre, denkt das Mädchen und berichtigt mit schwachem Lächeln ihren deutschen Satz: Ich bin gerade zwanzig. Sie bückt sich, bettet ihren Geigenkasten auf die kleine Aufwärtsskante des Daches. In den Dellen und Wellen der Dachpappe steht noch Regenwasser, brackig von Taubendreck. Sie kontrolliert, dass der Kasten trocken liegt, öffnet das Schnappschloss, nimmt behutsam den Bogen aus dem Samt, dreht am Frosch die Sehne straff. Klemmt die Geige unters Kinn, streicht die Saiten an, verzieht bei der ersten Quinte schmerzhaft den Mund, schraubt an der Feinstimmung.
Der Wind dreht, bringt jetzt den scharfen Kloakengeruch aus den Abluftröhren des Dreizehngeschossers. Es wird bereits dunkel, obwohl erst Mittag ist. Auf den Balkonen versammelt sich das Publikum der bevorstehenden Sonnenfinsternis, der SOFI, die in aller Munde ist. Die aufblinkenden Schutzbrillen aus Metallfolie erinnern an Kampfmasken aus den Computerspielen. Die Gesichter heben sich zum Augusthimmel, wo hier und da die langsam dahinziehende Wolkendecke den Blick ins merkwürdig fahle Blau freigibt. Kaum jemand da unten scheint die Menschenfigur auf der Ecke des einen Hochhausdaches zu beachten, diese dunkle, verzweifelt einsame Silhouette. Zumal es nun im Fabrikhof drohend brodelt.
Klawdia setzt den Bogen an.
Über dem fernen Wald glüht es silbern auf, wird langsam größer, ein Flugzeug im Landeanflug auf Berlin. In solch einer Maschine saß Klawdia vor fünf Monaten ...
(Auszug aus dem ersten Kapitel)
Auf den Monitoren der Economyclass läuft eine Reklame für Schokoladenosterhasen. Der Flug Almaty-Frankfurt. Von Kasachstan nach Deutschland. Deutschland, Deutschland, Deutschland.
Von Zentralasien nach Westeuropa in neun Stunden!
Gestartet sind sie kurz nach fünf Uhr in der Nacht.
Klawdia Wessely, Studentin der Pädagogik, Hauptfächer Musik und Deutsch, hat einen Platz am Gang erwischt. Wenn sie aufsteht oder das Flugzeug bei einer Kursänderung die Tragfläche senkt, erhascht sie durch eins der Fenster einen Blick auf den mondbeschienenen Noppenteppich aus weißen Wolken. Manchmal reißt darin ein Loch auf. Berggipfel zeigen sich, zehntausend Meter tief, oder ein Flusslauf grüßt silbern herauf, Lichter einer Stadt bleiben zurück.
Schräg vor Klawdia – der wettergefurchte Nacken ihres Vaters über dem Kragenrand seines Anzugjacketts. Zur Linken die Mutter in ihrer stolzen Lederjacke, ihr auf der langen Reise gefährlich verrutschter Turm aus rotem Haar. Wenn sie den Kopf wendet, sieht Klawdia die Warze in ihrem Nasenwinkel. Fünfundvierzig Jahre zählt das Ehepaar Wessely, es ist das Lebensalter, wo die Haut grobporig wird, wo in den Gesichtern solider Bürger der verflossenen Sowjetunion Gold blitzt, wenn sie lachen. Drei goldgekrönte Schneidezähne sind es bei der Mutter, weshalb der Vater sie gelegentlich ‚mai Morgastündle‘ nennt. Dieses Edelmetall ist, abgesehen vom Hausrat in Taschen und Bündeln, der ganze Reichtum der Familie Wessely.
Jedenfalls glaubt sie selbst bislang, dass Mutters Zähne der ganze Reichtum sind. [...]
12,90 €